Tesla-Chef Elon Musk will mit seiner Raumfahrtfirma SpaceX schon in drei Jahren 100 Menschen zum Mars schicken und seinen Traum von der Marsbesiedlung verwirklichen. Doch wie können Menschen auf anderen Planeten wohnen und vor Eiseskälte und Weltraumstrahlung geschützt werden? Wie kann eine Raumfahrt möglichst komfortabel gestaltet werden? ESA Astronaut Reinhold Ewald spricht mit uns über Visionen und warum Architekten für künftige Missionen wichtig sind.
Von Julia Ceitlina
Herr Ewald, Elon Musk will schon bald Menschen auf den Mars schicken. Ist die Raumfahrt eigentlich darauf vorbereitet, dass dann Millionen Kilometer entfernt Menschen wohnen müssen?
Reinhold Ewald: Die breite Mehrheit der Experten sagt, dass die Pläne von Elon Musk sehr ambitioniert sind, wenn man von der heutigen Technik ausgeht. Es muss allerdings noch einiges an der Ausrüstung des Marsraumschiffes getan werden, damit diese Pläne realisiert werden können. Die Agenturexperten sind sich daher auch einig, dass es noch mehr als zehn Jahre dauern kann, bis darauf wirklich gute und solide fundierte Antworten gegeben werden können.
Warum stellt sich überhaupt die Frage, andere Planeten zu besiedeln?
Es ist vor allen Dingen der Wunsch, durch neue Methoden und Reisen Neues zu erfahren und über den Horizont zu schauen. Angetrieben durch eine Mischung aus Neugier und „sich nicht zufrieden geben“ mit den Erklärungen, die man bereits vorfindet. Außerdem stellt sich beim Mars die Frage, warum auf der benachbarten Erde Leben entstanden ist und wir hier unter idealen Konditionen leben können, während der Mars offensichtlich diese Entwicklung nicht mitgenommen hat. Bei allen Bemühungen von Raumfahrzeugen und Rovern auf dem Mars hat man diesen Schlüssel noch nicht gefunden .
Wenn beispielsweise Mond oder Mars mit größeren Besatzungen besiedelt werden in absehbarer Zeit, beschäftigt solche Fragen eigentlich auch schon Architekten oder ist alles auf Funktion getrimmt?
Architekten kennen alle Elemente eines stabilen Baus auf der Erde. Eine Besatzung vor der auf den Mars auftreffenden Strahlung zu schützen, ist derzeit eines der Probleme, für die bislang keine Lösung gefunden wurde. Ich habe bereits mit Architekten und Architekturstudenten in Stuttgart einen jährlichen Workshop ins Leben gerufen, bei dem wir Raumstationen entwerfen. Da ist die Expertise der Architekten sehr gefragt zu Themen wie Funktion, Design und wie man Platz bestmöglich ausnutzen kann.
Wie kann man es sich im All gemütlich machen?
Es ist vermessen, wenn man sagt, wir bringen einen Ausschnitt der Erde in eine Raumumgebung. Die Leute, die momentan an Bord der internationalen Raumstation leben, nehmen sehr stark Einschränkungen an Komfort in Kauf. Das ist für ein halbes Jahr auch durchaus erträglich. Natürlich möchte man die Seele in einem Raumfahrzeug gelegentlich erfrischen. Beispielsweise mit audiovisuellen Methoden oder indem man Virtual Reality und Ähnliches zur Darstellung heimischer Umgebung nutzt. Aber ganz wird man eine irdische Wohlfühlumgebung sicherlich weder in einem Raumschiff noch auf dem Mars zur Verfügung haben. Man denke ans Duschen, das wegen fehlender oder geringerer Schwerkraft nicht wie bei uns auf der Erde funktioniert.
Was wurde bisher getan um den Komfort für Weltraumforscher zu erhöhen?
Es ist nicht mehr so eng an Bord der internationalen Raumstation, wie es noch in den ersten Kapseln war. Die Transportkapseln bieten allerdings keinerlei Einrichtung, in denen man sich für längere Zeit wohlfühlen kann. An Science Fiction Filmen kann man sich meines Erachtens nach ganz gut inspirieren. Da sind schon Ideen dabei, die sich gut umsetzen lassen.
Welches Baumaterial kommt in Frage und wie wird es zum Mars transportiert?
Uns kommt natürlich zugute, dass das „Additive Manufacturing“, also der 3D Druck — die Fertigung von Modellen und Prototypen — bereits ziemlich fortgeschritten ist. Wenn man auf dem Mars solche Objekte errichtet, wird man nicht Stahlträger und Bespannungen mitbringen. Stattdessen wird man es direkt auf dem Mars erzeugen wollen, indem man den dort vorhandenen Staub, man nennt ihn „Regulit“, entsprechend in Baumaterial umwandelt und das Ganze dann schrittweise zu Bauwerken verbindet. Gerade auch für den Strahlenschutz können wir uns diese aus vorgefundenem Material gebaute Marshabitate vorstellen. Der Mars hat zum Beispiel auch Wasser. Ich habe schon Modelle gesehen, bei denen ein Iglu-artiges Gebilde auf dem Mars aus dort vorhandenem Wasser gesprüht wird. Die Temperaturen sind verlässlich unter dem Nullpunkt in vielen Regionen, so dass man sich ein Eishaus auch vorstellen könnte.
Ist im Weltall alles Smarthome?
Ja, da kommen wir noch hin. Zum einen wollen die Astronauten sich ja auch mal ausruhen und da übernimmt zum Beispiel schon jetzt eine Bodenstation die Kontrolle über die Raumstation. Diese kann nachjustieren und das Licht an- und ausschalten. Die Astronauten selbst lösen sich immer mehr von Kabeln und steigen zunehmend auf WiFi und kabellose Erfassungen von Messdaten über, die in der Zentrale zusammenfließen.
Man kann sich Raumfahrt auch nicht so vorstellen, dass das Neuste von der Messe auch gleich in den Raum kommt. Dort oben herrschen harsche Bedingungen wie Kälte und Hitze. Das Ganze wird durchgerüttelt, da kommt Strahlung auf, sodass mit all dem Abstand elektronische Neuheiten oder digitale Neuheiten dann erst auf der Raumstation Eingang finden.
Wem gehört eigentlich eine Immobilie, die auf dem Mars errichtet wird?
Sowohl Mars als auch Mond gehören keinem. Was zu skurrilen Dingen führt, weil man beispielsweise nicht in der Lage ist, den ursprünglichen Apollo 11 Landeplatz gesetzlich zu schützen. Wenn da jetzt jemand hinkäme, wäre das ein interessanter Rechtsfall, wenn die amerikanische Flagge fehlt. Auch beim Mars ist es so, dass es keine Eigentümer gibt. Es gibt allerdings eine Konvention, die darauf abzielt, den Mars und andere unberührte Himmelskörper nicht mit irdischen Keimen, Bakterien oder Lebewesen zu kontaminieren und somit das Ergebnis zu verfälschen, ob es denn vielleicht originäre, auf dem Mars entstandene Prüfformen von Leben gegeben hat.